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Die Form

form follows function

Dieser Grundsatz steht wie kein anderer für moderne Architektur und Formgebung. Er präsentiert sich in seiner Kürze klar und unmissverständlich, wirkt kühl und hart. Aber was genau ist diese Funktion, der die Form folgt?

Nach Peter Achinstein (Function Statements, 1977) werden drei Typen von Funktionen unterschieden:
Konstruktionsfunktionen (design functions) beschreiben jene Funktionen, für die ein Objekt erschaffen wurde.
Gebrauchsfunktionen (user functions) beschreiben Funktionen, die jemand (bewusst) in Anspruch nimmt. Sie können mit Konstruktionsfunktionen übereinstimmen, aber auch – im Sinne der bei der Erschaffung gedachten Funktion(en) – durch Zweckentfremdung bzw. Improvisation oder auch bei Objekten, die nicht für etwas hergestellt wurden, gänzlich ohne Konstruktionsfunktion zustande kommen.
Dienstfunktionen (service functions) beschreiben allgemein Funktionen, die tatsächlich ausgeführt werden. Sie können sowohl Konstruktions- als auch Gebrauchsfunktionen umfassen, aber auch nicht beabsichtigte Funktionen, die etwas anderem zugutekommen.
Nicht in dieser Unterscheidung laut Achinstein enthalten ist die Kommunikationsfunktion. Sie beschreibt jene Wirkung, die absichtlich (geplant) oder unabsichtlich, in der Umgebung (Einflussbereich) und bei, freiwillig oder unfreiwillig, teilhabenden Individuen (Menschen, Tiere, Pflanzen, …) entsteht/eintritt. Sie ist fixer Bestandteil jeder Form und passiert automatisch, ob geplant oder eben nicht. Ein Gebäude kommuniziert ständig und fortlaufend mit seiner Umgebung. Offensichtliches wird zwar bewusst wahrgenommen und erlebt, jedoch gibt es auch eine Interaktion auf Metaebene zwischen Nutzer und Gebäude/Raum.
Funktion ist also nicht nur sachlich - auch ideelle Inhalte, Symbole und Zitate haben ihre Funktion.
Jedes Objekt korrespondiert auf Grund seiner individuellen Eigenschaften ständig mit seiner Umgebung, löst bei Kontakt (als Nutzer, Sichtkontakt, ...) in jeden Fall eine Reaktion (auf emotionaler Ebene) aus und beeinflusst deren Verhalten.

Architektur und Design ist im Alltag nah an den Menschen und beeinflussen deren Leben mit den Räumen und Werkzeugen, die erzeugt, bereitgestellt und genutzt werden. Die Faszination von Architektur besteht in ihrer starken Interdisziplinarität, also der Verbindung von u.a. technischen, soziologischen, ökomischen, ökologischen und künstlerischen Ansprüche zu einer Lösung, die im besten Fall total funktioniert.
Funktionieren bedeutet in der Architektur vor Allem, dass das Raumprogramm erfüllt ist, die technischen und baulichen Eigenschaften gut sind und die geforderten Aufgaben in Nutzung und Städtebau erfüllen. Über allem stehen jedoch weitere "Allgemeine Funktionen", wie
• ökologische Nachhaltigkeit und Naturverträglichkeit,
• partizipativer und demokratischer Entstehungsprozess für umfassende Akzeptanz
• gewaltlose Integration und Respekt
• Ressourcen- und Energieoptimierung bei Bau und Betrieb
• Kommunikation
• uvm.

die architektonische Form

Architektur ist schön, ist gefährlich, ist ambivalent.

Architektur ist nicht per se Kunst, da Architektur nicht wirklich frei ist. Die Rahmenbedingungen für Gebrauchsarchitektur (klingt zwar billig, ist aber eigentlich positiv) sind in unserer hochkomplexen Zivilisation sehr eng gesetzt. Grundstück, Raumprogramm, Baugesetze und Bebauungsplan, Ökologie und Energie, Baukosten, Bau- und Haustechnik und noch unzählige weitere Anforderungen sind in eine funktionierende Form zu bringen.

Bauwerke haben aber nicht nur eine „innere“ Funktion, der sie entsprechen müssen. Als Volumenkörper besetzen Sie (öffentlichen) Raum und kommunizieren automatisch und selbstständig mit Ihrer Umgebung.Architektur ist Aktion. Gebaute Architektur ist die Manifestation einer Vielzahl von Faktoren, deren Zusammenspiel auch zu überraschenden Ergebnissen führen kann. Im Positiven, wie im Negativen. Als realer Körper erzeugt Architektur bei Kontakt auf jeden Fall eine Wirkung und eine darauffolgende Reaktion.

Der schönsten Architektur geht immer Zerstörung voraus – legitimiert mit dem Ziel, dass ein nutzbares und sinnvolles Objekt entsteht. Ein Gebäude nimmt sich immer Raum, versiegelt wertvolle Bodenfläche, konsumiert Baustoffe und Energie. Ein Bauwerk hat in jedem Fall eine spürbare Auswirkung auf seine Umgebung und bindet verschiedenste Ressourcen auf lange Zeit.

HOFMANN befürwortet und verfolgt eine möglichst gewaltfreie und akzeptierende Projektentwicklung:
- die Bereitschaft vorhandene Strukturen für neue Funktionen zu nutzen
- regionales oder gebrauchtes, aber einwandfreies Baumaterial zu verwenden
- die Topgrafie, Bäume und Vegetation eines Grundstücks zu respektieren und als Vorteil für die eigenen Ziele zu entdecken
- auf die Umgebung Rücksicht zu nehmen, sowohl beim Bauen als auch beim fertigen Ergebnis
- Zerstörten Lebensraum für Flora und Fauna wiederherstellen
- Boden-Versiegelung reduzieren und Intelligente Wasserführung und -haltung
- uvm.

Architektur bzw. ein Bauwerk ist ein Organismus. Einerseits erfüllen sein Baumaterial, seine Konstruktion und eine Vielzahl technischer Systeme ihre Aufgaben, andererseits benutzen (in der Regel) Menschen seine bereitgestellten Räume und erfüllen sie mit Funktionen.
Im Laufe der Zeit wächst und verändert sich das Gebäude in der Wechselwirkung mit Menschen, Gesellschaft und Umgebung. Diese unplanbaren und eigendynamischen Vorgänge passen dessen Fähigkeiten und Angebote ständig an die Herausforderungen einer sich wandelnden Umwelt an. Ein gutes Haus ermöglicht diese Adaptionen ohne Gegenwehr.

Zeit ist Teil der Architektur. Ein Objekt hat immer eine Geschichte, die in der Vergangenheit beginnt und sich in die Zukunft fortsetzt. Reifen und Altern ist ein selbstverständlicher und wesentlicher Teil dieser Geschichte. Es bedeutet aber auch, dass die Funktion mitwachsen oder überhaupt wechseln kann. Nachhaltige Architektur erlaubt und ermöglicht neue Nutzungen oder Erweiterungen. Diese Anforderung betrifft auch die verwendeten Materialien und Konstruktionen, die „in Würde“ altern, eine lange Lebensdauer haben und bei Ermüdung einfach erneuert werden können.

Gelungene Form bestätigt sich in seiner konkreten Nutzung!
Architektur gibt funktionellen Abläufen Raum. Je einfacher es ist diesen Raum an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen, desto höher ist die Lebensdauer der Basisstruktur, desto geringer sein ökologischer Fußabdruck. Die Gestalt und die Art der Verwendung, also die Nutzung, soll sich ohne übermäßigen Aufwand an eine geänderte Situation anpassen können. Eine gute Planung ermöglicht, dass Architektur auch Raum für die Zukunft sein wird.

Wenn über Architektur bzw. Design in Zusammenhang mit Zeit gesprochen wird, ist in der Regel die jeweilige Zeit (Epoche) gemeint in der ein Bauwerk oder Gegenstand entstanden ist. Der technische Fortschritt und die damit erweiterten Möglichkeiten spiegeln sich selbstverständlich in der Baukultur seiner Zeit.
Objekte, die bloß aus einer Mode heraus entstanden sind, verlieren hingegen schnell ihre Attraktivität und Relevanz. Sie werden von einer nächsten Mode abgelöst, sterben wieder und werden zu Abfall.
Um immer der jeweiligen Mode folgen zu können, müssen die Kosten so gering als möglich gehalten werden, was automatisch zu schlechter Qualität und geplanter Obsoleszenz führt. Mode ist der Feind einer nachhaltigen Ökologie und Ökonomie.

Architektur ist nicht für die Ewigkeit gebaut. Jeder Gegenstand, jedes Objekt ist so vergänglich wie wir selbst.
Bei der Planung eines Bauwerks ist es deshalb wichtig an sein Ende zu denken: die gewählten Baumaterialien müssen biologisch oder restlos wiederverwendbar sein. Auch aus Gründen der Wohngesundheit. Baustoffe, die in absehbarer Zukunft als Sondermüll entsorgt werden müssten sind in jeden Fall zu vermeiden. Die Verlockung geringer Kosten blendet dabei die hohen Ausgaben für die Entsorgung aus, bzw. verschiebt diese einfach auf die nächste Generation. Zusätzlich bedeuten problematische Stoffe meist eine gesundheitliche Gefährdung bei Anwendung und Demontage.